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Aktualisiert von Carina am 23. November 2023
Veröffentlicht von Carina am 30. September 2020
Das Wichtigste in Kürze: Baumwolle
- Der Begriff Baumwolle bezeichnet die Gattung der Baumwollpflanzen und die Naturfaser, die aus dieser gewonnen wird
- Die Baumwollpflanze ist ein wesentlicher Rohstofflieferant für die Textilherstellung
- Jährlich werden insgesamt rund 25 Mio. Tonnen Baumwolle produziert
- Die Vorteile & Nachteile von Baumwolle findest Du hier
Was ist Baumwolle?
Der Begriff Baumwolle bezeichnet gleichermaßen die Gattung der Baumwollpflanzen (Gossypium) wie auch die robuste Naturfaser, die aus den Samenhaaren von lediglich 4 der schätzungsweise rund 50 Baumwollarten gewonnen werden kann. Baumwolle gehört zur Familie der Malvengewächse und gedeiht von Natur aus hauptsächlich in den Tropen und Subtropen. Als wesentliche Rohstofflieferantin für die Textilherstellung zählt Baumwolle zu unseren ältesten Kulturpflanzen.
Die Herkunft des Namens
In Wirklichkeit wächst Baumwolle nicht etwa auf Bäumen, sondern an buschigen, auf Plantagen einjährig angebauten Sträuchern. Vermutlich stammt ihr Name daher, dass sich die Samen der Baumwolle über große Entfernungen hinweg verbreiten können, wie es sonst nur bei höheren Bäumen geschieht. Möglich ist auch, dass unsere Vorfahren beim Anblick der wollähnlichen „Wattebällchen“ an den Samenständen der Baumwollpflanze so verblüfft waren, dass sie sie halb ironisch „Baumwolle“ tauften − eben „Wolle“, die statt an Schafen zu wachsen auf großen Pflanzen gedeiht.
Das englische Wort cotton und seine französische Entsprechung coton stammen dagegen vom arabischen quṭ́un ab, das wir wiederum im deutschen Kattun (Bezeichnung für einen speziellen Gewebetyp) wiederfinden.
Geschichte der Baumwolle
Baumwolle wurde zugleich auf mehreren Kontinenten bereits seit vielen tausend Jahren als Textilrohstoff angebaut und genutzt. Erstaunlich ist, dass offenbar asiatische, mittelamerikanische und afrikanische Völker vollkommen unabhängig voneinander regionale Baumwoll-Wildarten zu Kulturarten heranzüchteten, um daraus Kleidung und Decken anzufertigen.
Bei den alten Ägyptern, Griechen und Römern sowie im restlichen Europa war während der Antike die Verwendung heimischer Fasern wie Hanf, Leinen oder Wolle üblich. Die kleinen Mengen in Indien gefertigter Baumwollstoffe, die über die Seidenstraße bis in den Mittelmeerraum gelangten, waren ähnlich selten und teuer wie Seide, da ihre Herstellung einen großen Arbeitsaufwand erforderte. Obwohl Baumwollstoffe durch Entdeckungen und Eroberungen der Seefahrer auch in Europa an Bekanntheit gewann, blieb sie bis zur Erfindung mehrerer hilfreicher Maschinen ein für das Gros der Bevölkerung unerschwingliches Luxusgut, während sie in der arabischen Welt bereits ab etwa 500 n. Chr. im großen Stil für Arbeitskleidung genutzt wurde.
Mit dem Ausbau weltweiter Handelswege standen immer größere Baumwollmengen zur Verfügung, die dank der Erfindung der Spinning Jenny und des Waterframe (beides Spinnmaschinen) sowie des Cotton Gin (Entkörnungsmaschine zum Entfernen der Samen) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts deutlich schneller verarbeitet werden konnten. Die industrielle Revolution ermöglichte schließlich eine weitere Steigerung der Produktionsmengen: Es kam zu einem regelrechten Baumwoll-Boom.
Verlierer dieser Revolution waren einerseits die indischen Baumwollbauern und -weber, die schlagartig zu einfachen Rohstofflieferanten degradiert wurden, andererseits aber auch die auf den Baumwollfeldern der amerikanischen Südstaaten eingesetzten Sklaven afrikanischer Herkunft. In Auflehnung gegen die englischen Kolonialherren nutzte der Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi ein stilisiertes Spinnrad als Zeichen des schließlich erfolgreichen Widerstands. In den Vereinigten Staaten wurde die Sklaverei zwar 1865 offiziell verboten, doch noch bis 1928 wurden ZwangsarbeiterInnen unter sklavereiähnlichen Zuständen gehalten. Die traumatischen Auswirkungen von Ausbeutung, Sklaverei und Rassismus im Namen der Baumwolle prägen unsere Welt bis heute.
Im Anschluss an den amerikanischen Bürgerkrieg erreichte Baumwolle zeitweise einen weltweiten Textilmarkt-Anteil von bis zu 80 Prozent. Nach einem Einbruch auf rund 34 Prozent durch die Einführung erster Synthetikfasern auf Erdölbasis (Polyester etc.) um 1970 herum erholte sich der Baumwollmarkt angesichts des veränderten Umweltbewusstseins mit Beginn der 1990er Jahre auf knapp 50 Prozent. Heute ist ihr Marktanteil wieder auf rund 25 Prozent der weltweiten Textilfaserproduktion gesunken, wobei das Segment der Bio-Baumwolle mit 1 Prozent zwar nur schwach vertreten ist, mit jährlichen Zuwächsen von 10 Prozent aber stark im Kommen ist: Immerhin werden aktuell fast 215.000 Hektar Anbauland auf Bio-Anbau umgestellt.
Baumwolle wird derzeit in über 100 Ländern der Erde angebaut. Hauptproduzenten sind Indien, China und die USA. Neben Textilien werden auch andere Produkte aus Baumwolle gewonnen: So wird Baumwollsamen-Öl in Kosmetika und Margarine verarbeitet.
Herstellung der Baumwolle
Anbau & Verarbeitung
Jährlich werden insgesamt rund 25 Mio. Tonnen Baumwolle produziert. Experten schätzen, dass etwa 350 Millionen Menschen weltweit in der Baumwollherstellung arbeiten. Neben ihren angestammten tropischen und subtropischen Verbreitungsgebieten, in denen bis heute auch Kleinbauern Baumwolle anbauen, werden die durstigen Pflanzen heute zu rund 50 Prozent auf riesigen Plantagen in sonnigen Trockengebieten kultiviert. Dass es dort kaum regnet, vereinfacht die Ernte, erfordert in den vorausgehenden Monaten jedoch einen schier unvorstellbaren Bewässerungsaufwand.
Die Frucht der Baumwolle hat die Form einer Kapsel − zur Blütezeit platzt sie auf und gibt ihren flauschigen Inhalt frei. Die hervorquellenden Baumwollfasern umhüllen die kleinen Samenkörner wie Watte: Auf diese Weise werden sie in der Natur vom Wind erfasst und verbreitet. Wo sie liegenbleiben, speichert die praktische Faserhülle Wasser, welches die Samen zum Keimen benötigen.
Baumwolle ist eine recht robuste Pflanze und wird im kommerziellen Anbau immer einjährig kultiviert. Bis zur Ernte der Baumwolle dauert es mehrere Monate. Weil Baumwolle ungleichmäßig reift, müssen Bauern sie mehrmals ernten − entweder mühsam von Hand oder mit Maschinen („Baumwollernter“). Inzwischen werden häufig auch Reifebeschleuniger oder Entlaubungsmittel eingesetzt, um alle Kapseln auf einmal im selben Reifestadium einfahren zu können.
Nachdem die Baumwollfasern mithilfe einer Entkörnungsmaschine von Blätterresten und Samen befreit worden („gekämmt“) sind, werden sie zu Ballen gepresst und in eine Spinnerei gebracht. Hier legt eine Kardierungsmaschine die 3 bis 5 Zentimeter langen Fasern so zurecht, dass sie mit einer Spinnmaschine zu Baumwollgarn gezwirnt werden können. Häufig schließt sich danach die Merzerisation (auch: Mercerisation) an: Ein Bad in Natronlauge glättet hierbei die Faserstruktur, sodass die Baumwolle reißfester, elastischer und glänzender wird. Nun kann das Baumwollgarn nach Belieben gefärbt und auf großen Webstühlen zu Stoff weiterverarbeitet werden.
Gut zu wissen: Neben der Merzerisation gibt es werden weitere Veredelungstechniken:
Um Baumwollstoff weniger bügeln zu müssen, kann sie auch eine sogenannte Knitterarmausrüstung bekommen. Bei dieser Technik verdreht man die Garne und arbeitet Kunstharze sowie pflegeleichte Kunstfasern ein.
Für besonders feine, durchscheinende Shirts wird das Baumwollgarn transparentiert. Hier kommen Natronlauge und Schwefelsäure zum Einsatz.
Bio & Fairtrade Baumwolle
Zwischen 60 und 80 Prozent der weltweit angebauten Baumwollpflanzen sind genmanipuliert: Neben einem geringerem Wasserbedarf erhofft man sich davon Resistenzen gegen Schädlinge und Blattkrankheiten. Andere Gentechnik-Baumwollsorten sind resistent gegen die Pflanzengifte der Gentechnikfirmen (z. B. “Roundup”), mit denen sie im „Komplettpaket“ vermarktet werden − dadurch kann der Pestizid-Verbrauch kurzfristig gesenkt werden, steigt auf lange Sicht jedoch wieder an, weil nach und nach auch Unkräuter unempfindlich gegen solche Gifte werden.
Baumwolle gilt als die Kulturpflanze mit dem höchsten Chemikalieneinsatz überhaupt. Pestizide verbleiben oft auch im fertigen Produkt: Sie können sich nachteilig auf unsere Gesundheit und auf die Qualität der Ackerböden auswirken. Auch der immense Wasserbedarf von Baumwolle hat negative Konsequenzen wie Austrocknung, Bodenerosion und Versalzung. Inzwischen steigt nicht nur die Nachfrage nach Bio-Baumwolle, sondern − angesichts der menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in vielen Anbauländern − auch das Interesse an Fairtrade-Baumwolle.
Fairtrade-Baumwolle wird vornehmlich durch Kleinbauern in Ländern wie Indien, Kirgistan, Tadschikistan, Ägypten, Burkina Faso, Mali, Uganda und Senegal angebaut, wobei rund drei Viertel der Betriebe biozertifiziert sind.
Die Produzenten sogenannter KbA-Baumwolle (kbA = kontrolliert biologischer Anbau) verzichten vollständig auf genetische Veränderungen und weitestgehend auf chemischen Pflanzenschutz. Das fertige Produkt darf sich offiziell „Bio-Baumwolle“ nennen.
5 Fakten über Bio-Baumwolle
- Gentechnisch veränderte Pflanzen sind im Bio-Anbau verboten
- Der Wasserbedarf für Bio-Baumwolle ist ca. 91% geringer als beim herkömmlichen Anbau
- Für Bio-Baumwolle werden keine synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingesetzt
- Bio-Baumwolle wird oft per Hand geerntet ohne den Einsatz von Chemikalien
- Der ökologische Anbau wirkt sich positiv auf die Lebensumstände der Bauern aus
Eigenschaften, Vorteile und Nachteile
Vorteile & Nachteile (Listen)
Die einzigartige Struktur der Baumwollfasern zeigt sich bereits bei ihrer Verarbeitung: Sie besitzt optimale spinntechnische Eigenschaften. Unter dem Mikroskop betrachtet wirken einzelne Fasern wie flache Bänder, die sich wie Korkenzieher winden: Dies ist der Grund dafür, dass die an sich eher glatten Fasern beim Spinnen so gut aneinander haften − und bringt viele positive Eigenschaften mit sich.
Vorteile
Die 9 wichtigsten Vorteile von Baumwolle:
- Widerstandsfähig gegen chemisch aggressive Stoffe & mechanische Einflüsse
- Auch im nassen Zustand sehr reiß- und scheuerfest
- Bis ca. 160° C vollkommen hitzebeständig
- Einfach zu reinigen (waschen, bügeln, mangeln)
- Leicht zu färben, auch nachträglich mit DIY-Stofffarben
- Sehr saugfähig & atmungsaktiv
- Besonders hautfreundlich bei niedrigem Allergiepotenzial
- Kratzt nicht (anders als z. B. viele Wollarten)
- Vegan, d. h. frei von Bestandteilen tierischer Herkunft
Eine Menge Vorteile sprechen also für die Verwendung von Baumwolle − nicht nur für Kleidung, sondern auch für Heimtextilien wie Bettwäsche, Kissenhüllen und Decken. Doch leider hat auch Baumwolle Nachteile, die allerdings weniger ihre Nutzungseigenschaften, sondern vielmehr Umweltaspekte betreffen. Der Baumwollanbau für ein einziges T-Shirt erfordert den Einsatz von knapp 2000 Litern Wasser − und auch aus anderen Gründen sehen Umweltschützer zumindest den konventionellen Anbau auf riesigen Monokultur-Plantagen, der die Pflanzen zudem anfällig für Krankheiten und Schädlinge macht, zunehmend kritisch.
Der weitaus größte Teil der Baumwollbauern lebt in Entwicklungsländern: Rund 75 Prozent der globalen Baumwollernte werden unter größtenteils unkontrollierten, haarsträubend schlechten Bedingungen produziert. Pflanzenschutzmittel werden unzureichend gekennzeichnet und von den Bauern, die nicht selten Analphabeten sind, falsch oder in zu großen Mengen benutzt. Während eines Anbauzyklus‘ wird Baumwolle im Durchschnitt 20 Mal mit diversen Pestiziden behandelt. Schutzkleidung ist Mangelware, da für viele Menschen selbst einfache Atemmasken oder Handschuhe unerschwinglich sind.
Keine Statistik belegt offiziell, wie viele Menschen durch die im kleinbäuerlichen Baumwollanbau gängigen Chemiecocktails erkranken oder sogar sterben. Nach Schätzungen der WHO sterben jährlich weltweit etwa 20.000 Menschen an landwirtschaftlich bedingten Pestizidvergiftungen. Sichere Gewinne existieren lediglich für die großen Baumwollproduzenten, die ihre Erträge durch Hightech optimieren und Schwankungen im Rohstoffpreis sowie Ernteausfälle mittels vorausschauender Planung ausgleichen können − was die Kleinbauern und Tagelöhner verdienen, reicht hingegen kaum zum Überleben.
Geschätzt 100 Millionen Kinder arbeiten derzeit rund um den Globus in der Landwirtschaft. Auch im Baumwollanbau und speziell bei der verletzungsträchtigen Ernte der scharfkantigen Baumwollkapseln von Hand gehören Kinderarbeit und Zwangsarbeit bis heute zur traurigen Realität. Dokumentierte Fälle gibt es in nahezu allen großen Produktionsländern außer Griechenland und Australien.
Nachteile
Die 5 schwerwiegendsten Nachteile konventionell angebauter Baumwolle:
- Immens hoher Süßwasserverbrauch beim Anbau
- Bodenversalzung & sinkende Grundwasserspiegel durch künstliche Bewässerung
- Umweltverseuchung & Insektensterben durch unkontrollierten Pestizid-Einsatz
- Teils katastrophale Arbeitsbedingungen auf den Baumwoll-Feldern
- Unfairer, durch Finanzspekulanten & einseitige Subventionen beeinflusster Welthandel
Es gibt offenbar gute Gründe, nach Alternativen zur Baumwolle zu suchen, denn ihr konventioneller Anbau ist mit verheerenden sozialen und ökologischen Effekten verbunden. Das Ziel ist jedoch nicht unbedingt, Baumwolle zukünftig komplett durch andere Fasern zu ersetzen − bereits eine generelle Reduzierung der Anbaumengen und ein vermehrter Umstieg auf Bio-Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau könnten zur Lösung zahlreicher Probleme beitragen.
Alternativen zu Baumwolle
Da sich Kunstfaser-Textilien bislang nur in geringen Mengen hochwertig recyceln lassen, erleben auf der Suche nach besseren Alternativen zur Baumwolle speziell „alte“ Fasern wie Leinen oder Hanf ein Revival − doch auch innovative Neuentwicklungen zur Fasergewinnung aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen bekommen ihre Chance. Gesucht sind in jedem Fall Alternativen, die weder große Pestizid- und Wassermengen erfordern noch neue Müllberge und Mikroplastik erzeugen. Drei davon möchten wir Dir näher vorstellen.
Leinen
Leinen, der oft auch als Flachs bezeichnet wird, stammt von der bei uns heimischen Leinpflanze und besteht zu rund 70 Prozent aus Cellulose. Leinentextilien sind pflegeleicht, schmutzabweisend, bakterizid, antistatisch, reißfest, flusenfrei und haben meist einen leichten Glanz. Weil Leinen Feuchtigkeit speichert und langsam an die Umgebungsluft abgibt, ist er auch bei tropischen Temperaturen sehr angenehm auf der Haut und wirkt kühlend.
Übrigens: Die von derselben Pflanze kommenden Leinsamen werden aufgrund ihres Gehalts an ungesättigten Fettsäuren längst als heimisches Superfood gehandelt. Leinenstoffe knittern leider leicht, sind nur begrenzt scheuerfest und vertragen nicht gut trockene Hitze − daher Vorsicht beim Bügeln!
Nutzhanf
Ortsnamen wie Bad Honnef oder Hennef bezeugen es bis heute: Nutzhanf-Fasern wurden auch in unseren Breiten über Jahrhunderte hinweg für Textilien verwendet, ehe der Hanfanbau im Jahr 1929 aus hauptsächlich wirtschaftspolitischen Gründen, offiziell aber im Hinblick auf die berauschende Wirkung seines psychoaktiven Inhaltsstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) generell unter Strafe gestellt wurde. Erst seit 1996 dürfen deutsche Landwirte unter strengen Auflagen wieder legal Nutzhanf in THC-armen Züchtungen anbauen.
Eine künstliche Bewässerung ist beim Hanfanbau meist nicht erforderlich. Die Pflanzen sind von Natur aus weitestgehend resistent gegen Schädlinge oder Pilzbefall, sodass kaum Pestizide eingesetzt werden müssen. Heute können Hanffasern maschinell deutlich feiner aufgespalten werden als früher, was ihre Qualität fühlbar verbessert. Stoffe aus Hanf sind scheuer- und reißfest und sehr strapazierfähig − aber je nach Verarbeitung manchmal etwas kratzig auf der Haut. In der Textilindustrie gewinnt die umweltfreundlich anbaubare Faser derzeit zunehmend an Bedeutung.
Milchseide
In der Lebensmittelindustrie (z. B. bei der Käseherstellung) entstehen häufig Milchreste, die nicht zum Konsum geeignet sind. Eine noch recht neue Faser, die Milchseide, wird aus genau diesen Abfällen hergestellt. Meist werden den auch Milksilk genannten Faser andere Fasern beigemischt, weil die Milchproteinfasern bislang noch nicht reißfest genug sind − dennoch sollen sich bereits kleine Milchseide-Anteile pflegend auf die Haut auswirken.
Für alle, die an Neurodermitis oder ähnlichen Hautreaktionen leiden, ist die Milchseide besonders interessant: Anders als bei konventionellen Textilien wird bei der Produktion der Milchproteinfasern komplett auf chemische Zusätze verzichtet. Die Funktionsfasern auf Milchprotein-Basis hemmen das Bakterien-Wachstum und schaffen ein für Allergiker förderliches Hautklima, indem sie Temperatur und Feuchtigkeit optimal regeln.
Das Milcheiweiß Kasein liefert auch als Milchseide essentielle Aminosäuren, die das Zellwachstum der Haut unterstützen und ihre Alterung verlangsamen sollen. Sie verbessern die Durchblutung der Haut, unterstützen die Heilung und vor allem: Sie wirken gegen Juckreiz. Milchseide ist bei 40° bis 60° C waschbar, trocknet schnell und kann bei mittlerer Temperatur gebügelt werden. Sie ist biologisch abbaubar, nachhaltig und schadstofffrei.
Noch mehr über aktuelle Neuentwicklungen findest Du auf dem Onlineportal www.wissenschaft.de in einem ausführlichen Artikel über textile Innovationen.
Tipps zur Baumwolle
Baumwolle richtig waschen
Es gibt viele unterschiedliche Angaben zur richtigen Waschtemperatur von Baumwolle. Woran liegt das? Baumwolle ist zwar nicht so empfindlich wie Seide, trotzdem gibt es einige Fallen bei der Reinigung. Das könnte unter anderem daran liegen, dass Baumwolle vorbehandelt wurde. So kann man reine und merzerisierte Baumwolle bei höheren Temperaturen waschen. Manchmal auch bis 90 Grad, doch Vorsicht! Wenn die Baumwolle gefärbt ist, sind niedrigere Temperaturen gefragt. Denn die Farbe wird durch hohe Temperaturen ausgewaschen. Bei Schmutz und Bakterien gewollt, doch die Farbe soll bleiben.
Ein leichtes, farbiges T-Shirt, Hemd, Bluse aus Baumwolle sollte bei 30 bis 40 Grad in die Waschmaschine und nicht in den Trockner. Oft sind diesen Alltags-Kleidungsstücken andere Gewebe beigemischt, die nur niedrige Temperaturen vertragen. Im Trockner entstehen sehr hohe Temperaturen, die die Baumwollstoffe um 10 Prozent einlaufen lassen können. Das Gleiche gilt für Jeans.
Damit die Stoffe nicht knittern, schleuderst Du sie am besten bei maximal 1000 Umdrehungen. Achte auch darauf, dass Du immer ähnliche Farben in die Maschine wirfst. So hast Du länger Freude an deinen Lieblings-Shirts und Hosen.
Eine dicke, ungefärbte Tischdecke, Bettwäsche oder Handtücher aus 100 Prozent Baumwolle vertragen 60-90 Grad in der Maschine. Wobei 90 Grad nur ab und zu notwendig sind, bei hartnäckigen Flecken beispielsweise. Bakterien oder Keime sind bei 60-Grad-Waschgängen weitestgehend entfernt.
Das Baumwolle – wie alle natürlichen Fasern – bei zu hohen Temperaturen einläuft, kann man gezielt für sich nutzen. Wenn ein Kleidungsstück zu groß oder etwas ausgeleiert ist, kannst Du versuchen, es durch höhere Temperaturen einlaufen zu lassen. Die Baumwollfasern werden so wieder fester. Nimm aber nicht gleich 90 Grad, sondern „taste“ Dich vorsichtig ran.
Auf Weichspüler sollte man verzichten, da er der Baumwolle die Festigkeit nimmt. Dadurch leiert der Stoff schnell aus und liegt nicht mehr gut am Körper. Allgemein ist Weichspüler ein unnötiges Produkt, das die Umwelt stark belastet. Weitere Informationen zu Waschprogrammen und Waschsymbolen findest Du bei uns im Blog.
Kaufberatung
Wie unser Artikel zeigt, gibt es durchaus Fasern, die der Baumwolle über kurz oder lang den Rang ablaufen könnten. Schon vor dem Kauf kannst Du überdenken, ob das neue Stück wirklich aus Baumwolle bestehen muss, oder ob Du nicht vielleicht auf eine alternative Faser wie Leinen, Hanf oder Milchseide ausweichen könntest. Täglich kommen neue Möglichkeiten dazu: Vielleicht sind Kork, Brennnesselfasern oder Sojaseide ja ebenfalls interessant für Dich?
Zugegeben: Viele moderne Neuentwicklungen werden derzeit noch viel zu selten angeboten oder sind teurer als vergleichbare Baumwoll-Teile. Bis Du die ressourcenschonenden Fasern auch beim alltäglichen Shopping in ganz normalen Läden und Onlineshops wiederfindest, kannst Du aber auch schon einiges unternehmen.
Besser als jedes noch so nachhaltige neue Kleidungsstück oder Heimtextil ist eines, das andere nicht mehr brauchen, das aber noch zu schade zum Entsorgen ist: Vintage, Second Hand, Upcycling, Flohmarkt, Tauschbörse − das sind die Stichworte, wenn es um wirklich nachhaltigen Textilkauf geht. Immer dran denken: Alte Klamotten sind häufig gar kein Müll, sondern eine wertvolle Ressource! Falls Du nicht selbst schneidern willst, kannst Du stylische Mode aus Gebrauchtkleidung fix und fertig bei jungen Labels bestellen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben.
Zu guter Letzt wollen wir Dich ermutigen, das Shirt und die Jeans aus der letzten Saison einfach mal mit Stolz ein bisschen länger zu tragen. Wir tun das mittlerweile auch und haben festgestellt: Umweltschutz ist ein Argument, das auch den scharfzüngigsten Mode-KritikerInnen ganz schnell den Wind aus den Segeln nimmt. Und wenn Du dann doch ab und zu Kleidung oder Bettwäsche aus Baumwolle kaufen willst, kannst Du auch das guten Gewissens tun − solltest jedoch wegen möglicher Schadstoffe auf eine Ökotex-Zertifizierung achten oder lieber auf Bio-Baumwolle ausweichen.