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Aktualisiert von Carina am 24. August 2023
Veröffentlicht von Martin am 20. März 2021
Einführung Zeitumstellung und Schlaf
Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät… Es ist wieder Zeit, sie steht vor der Tür – die Zeitumstellung. Zwei Mal im Jahr findet dieser Eingriff statt. In der Nacht auf den 27. März erfolgt 2022 die Zeitumstellung von MEZ/Winterzeit auf Sommerzeit.
Am letzten Wochenende im März stellen wir also um auf Sommerzeit. Um 2 Uhr springt die Uhr auf 3 Uhr. Die Nacht ist eine Stunde kürzer. Das bereitet manchen Menschen Probleme, vor allem beim Schlaf. Die Zeitumstellung geht – dieses Wortspiel sei hier gestattet – vielen auf den Zeiger. Warum ist das so? Kann man überhaupt die Zeit umstellen?
Schauen wir uns genauer an, was die Zeitumstellung ist, wie sie auf den Schlaf einwirkt, um dann mit einigen Tipps abzuschließen.
Wie die Zeit vergeht
Halten wir gleich zu Beginn eine Banalität fest: Wie immer wir die Zeit messen und einteilen, es kümmert sie wenig. Sie vergeht einfach und fließt vor sich hin wie der Sand in der bekannten Sanduhr. Zeitmessung und Zeiteinteilung sind keine Eigenschaften der Zeit, sondern immer eine soziale Vereinbarung. Diese Vereinbarung wurde umso wichtiger, je komplexer unser Zusammenleben geworden ist. Größere Räume können wir heute schneller überwinden. Der globale Handel sorgt für Betrieb, wir fliegen um die Welt, das erfordert eine genaue zeitliche Koordination. Die Uhr ist zu einem enorm wichtigen Faktor des modernen industriellen Zeitalters geworden.
Archaische Gesellschaften haben sich hingegen noch an der Sonne orientiert. Die Zeitmessung und -einteilung, wie wir sie heute kennen, zeigt sehr anschaulich, worum es geht: Unsere Zeiteinteilung versucht, den natürlichen Wechsel von Tag und Nacht, Helligkeit und Dunkelheit mit unserem sozialen Zeiterleben (Fahrpläne, Stundenpläne, Arbeitszeiten etc.) in eine sinnvolle Verbindung zu bringen.
Die Einheiten der Zeit
Nur das Jahr (die Erde rotiert vollständig um die Sonne) und der Tag (die Erde rotiert vollständig um sich selbst) sind natürliche Einheiten der Zeit. Die uns so geläufigen Einteilungen wie Monate, Wochen, Stunden, Minuten etc. sind Ausdruck menschlicher Übereinkünfte. Wenn wir also den Tag in 24 Stunden gleicher Länge, also 60 Minuten mal 24 gleich 1.440 Minuten für eine Drehung der Erde um sich selbst einteilen, ist das gewissermaßen eine menschliche “Erfindung”.
Der Sonnenhöchststand ist dabei als Mittag definiert und der niedrigste Stand als Mitternacht. Die Stunden sind so eingeteilt, dass um 12.00 Uhr Mittag ist und um 24.00 / 0.00 Uhr Mitternacht. Der Sonnenstand ist je nach geographischer Lage unterschiedlich. Das liegt in der Natur der Sache. Man kann also sagen, jeder Ort hat bzw. hatte seine eigene Zeit, was im Laufe der Geschichte zur Angleichung von lokalen Zeiten und Hauptzeiten geführt hat. Will sagen: Unser Zeitzonen-System, das uns so selbstverständlich erscheint, ist eine Folge verschiedener politischer Konferenzen und Vereinbarungen und damit ein von Menschen hergestelltes Ordnungsschema. Das kann man auch daran erkennen, dass wir Schaltjahre und Schaltsekunden einfügen, um immer wieder eine Übereinstimmung mit dem natürlichen Tag zu erreichen.
Der Meridian – here comes the sun
Meridian, ist das nicht ein Fitness-Club? Spaß beiseite, tatsächlich bezeichnet das Wort Meridian einen halben Längenkreis auf der Erdoberfläche, der von einem Pol zum anderen verläuft. Das Spannende am Meridian ist, dass er eine Verbindungslinie darstellt von allen Orten, an denen die Sonne zur gleichen Zeit den Höhepunkt ihrer Tages-Laufbahn einnimmt. Es ist also an diesen Orten gleichzeitig Mittag. Die Erde dreht sich nun in 24 Stunden einmal um sich selbst, also um 360 Grad. Entsprechend dem geometrischen Kreisbogen haben wir so 360 Längengrade. Erreicht die Sonne im Längengrad 1 ihren Höhepunkt, so erreicht sie diesen beim Längengrad 2 vier Minuten später. Alles ein wenig kompliziert, deswegen schauen wir uns einfach nur die Konsequenzen an: Wir haben 24 Zeitzonen von jeweils 15 Längengraden. Also: Eine Zeitzone hat 15 Längengrade, von Längengrad zu Längengrad 4 Minuten Unterschied, das ergibt eine Stunde Unterschied zwischen den einzelnen Zeitzonen. Jeder Ort auf unserem Planeten ist einer solchen Zeitzone zugeordnet.
Was bedeutet Zeitumstellung?
Wie soeben ausgeführt, kann man die Zeit eigentlich nicht umstellen. Dazu müsste man die Erdrotation verändern. Das mag in einem Marvel-Comic funktionieren, in der Wirklichkeit eher nicht. Bei dem, was wir “Zeitumstellung” nennen (seit 2000 EU-einheitlich geregelt), handelt es sich tatsächlich um eine Umstellung der Uhren. Man müsste korrekterweise mithin von einer Uhren-Umstellung sprechen. Im Frühjahr wird die Uhr um eine Stunde vor und im Herbst eine Stunde zurückgestellt. Erst verlieren wir eine Stunde, dann gewinnen wir sie wieder. Am letzten Sonntag im März um 2.00 Uhr wird die Stundenzählung von 2.00 Uhr auf 3.00 Uhr vorgestellt. Am letzten Sonntag im Oktober um 3.00 Uhr auf 2.00 Uhr zurückgestellt.
Kommen wir zum entscheidenden Punkt:
Werden die Uhren wie jetzt im Frühjahr umgestellt, stellen wir also nicht die Zeit um, sondern wir werden einer neuen Zeitzone zugeordnet. Profis würden sagen, wir rücken Richtung Osten von UTC+1 auf UTC+2 (UTC ist die koordinierte gültige Weltzeit: Coordinated Universal Time). Im Winter geht es dann wieder zurück.
Aufwachen in einer neuen Zeitzone
Im Frühjahr verschiebt sich die Uhrzeit um eine Stunde vor, tatsächlich werden wir einer neuen Zeitzone zugeordnet. Die Uhrzeit ändert sich jetzt, aber die uns gewohnten Anfangszeiten zum Beispiel in der Schule, Universität oder bei der Arbeit bleiben gleich. Die Sonne erreicht ihren Zenit statt um 12.00 Uhr jetzt im 13.00 Uhr.
Na und, wirst Du vielleicht denken, dafür wird es später dunkel und ich kann länger grillen. Stimmt, aber wir müssen festhalten, dass unsere sozialen Rhythmen vom Sonnen-Rhythmus um eine Stunde entkoppelt werden. Die meisten von uns kennen diese Entkoppelung vom Jetlag.
Kurzum:
Zeit und Sonnenstand werden also entkoppelt. Was macht das mit uns? Um hier ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen, müssen wir uns die innere Uhr des Menschen genauer ansehen.
Die innere Uhr – echte Präzisionsarbeit
Die Zeit rinnt uns davon, deshalb fassen wir noch einmal kurz zusammen, was bislang ausgeführt wurde. Wir haben die natürliche (solare) Zeit und die soziale Zeit mit der Einteilung in Zeitzonen und all den, nennen wir sie jetzt einmal “sozialen Verabredungen” wie etwa Beginn der Arbeitszeit, Schulbeginn u.ä. Dazu gesellt sich jetzt auch noch die körpereigene Zeit, die zirkadiane Rhythmik mit ihrem annähernden 24-Stunden-Takt. Zirkadian leitet sich vom lateinischen circa (ungefähr) und dies (Tag) ab. Eine solche innere Uhr haben nahezu alle Lebewesen auf unserem Planeten – Menschen, Tiere, Pflanzen. Im Wesentlichen sagt uns die innere Uhr, wann es Zeit ist zu schlafen und wann wir wieder aktiv werden müssen. Nachts lässt sie den Blutdruck sinken. Der Atem wird flacher, das nächtliche Erholungsprogramm beginnt. Notwendige Reparaturen werden durchgeführt. Morgens schaltet der Körper wird auf Action um.
Neueste Erkenntnisse der Wissenschaft belegen, dass es nicht die eine innere Uhr gibt, sondern jede Zelle unseres Körpers eine solche Uhr hat. Als Beispiel: So “weiß” etwa die Leber an und für sich, dass sie tagsüber Glykogen aus Glukose aufbauen und abends wieder abbauen muss, um den Körper zu versorgen.
Brauchen wir innere Zeitgeber?
Irgendwie hört sich das alles doch sehr kompliziert an. Solare, soziale und körpereigene Zeit. Hätte die Evolution das nicht alles etwas einfacher regeln können? Das ging … eben nicht, denn: Der tägliche Wechsel von Tag und Nacht genügt nicht, um all das, was in unserem Körper passiert, im Takt zu halten. Die Sonne wäre natürlich ein sehr schöner Taktgeber, wenn es hell ist, wären wir aktiv und wenn es dunkel wird, wären wir inaktiv. In unserer modernen Welt haben wir allerdings so viele künstliche Lichtquellen, dass unser Stoffwechsel wahrscheinlich durchdrehen würde, wenn er alleine auf die An- und Abwesenheit von Licht reagieren würde. Unsere innere Uhr “kapiert”, dass ein verlängerter Abend bei Kunstlicht quasi ein falsches äußeres Zeitsignal darstellt. Er weiß, dass Abend ist, obwohl es im Raum taghell ist. Unsere inneren Uhren haben also eine “Ahnung” von der natürlichen solaren Zeit.
Halten wir fest:
Jede einzelne Zelle, jedes Organ und der Gesamtorganismus besitzen ein “Uhrwerk”. Diese Uhrwerke müssen permanent synchronisiert werden mit dem 24-Stunden Licht/Dunkel-Zyklus der Umwelt. Unser Körper braucht notwendigerweise den natürlichen Hell-Dunkel-Wechsel als Zeitgeber. Das filigrane Zeit-Orchester, das da in unserem Körper werkelt, braucht Dirigenten. Dazu gehört auch der Schlaf, wie Wissenschaftler herausgefunden haben.
Guter Schlaf braucht seine Zeit
Es dürfte klar geworden sein, welche komplexen Zusammenhänge sich hinter dem Verhältnis von solarer, sozialer und körpereigener Zeit verbergen. Um die Auswirkungen auf den Schlaf zu verdeutlichen, schauen wir uns ein Beispiel an:
Begeben wir uns Ende März auf die Spuren von Maria Muster. Die gute Frau Muster steht um 6.00 Uhr in der Frühe auf. Um 8.00 Uhr beginnt sie zu arbeiten. Frau Muster ist ein kleiner Morgenmuffel. Das bedeutet, dass sie etwas braucht, um in die Gänge zu kommen. Eigentlich ist sie vom Chronotyp her mehr ein Abendmensch, also umgangssprachlich ausgedrückt eine Eule. Chronotyp heißt, dass man Menschen im Hinblick auf ihre innere Uhr kategorisiert. Unterschiede ergeben sich daraus, wie z. B. Hormonspiegel, Körpertemperatur, Schlaf- und Wachphasen und das Leistungsvermögen zu diversen Tageszeiten ausgeprägt sind.
Die innere Uhr sagt Frau Muster nun, dass sie lieber etwas länger schlafen soll. Kann sie aber nicht, denn sie will ja nicht ihren Job verlieren. Die natürliche Zeit legt ihr auch das Liegenbleiben nahe, denn es ist ja noch gar nicht hell, insofern liegt auch kein Anhaltspunkt vor, um aktiv zu werden. Die soziale Zeit sagt ihr, es ist Zeit aufzustehen. Weil sich Frau Muster gesund ernährt, sich viel bewegt und im Grunde sehr diszipliniert ist, hat sie ein gesundes Verhältnis von solarer, sozialer und körpereigener Zeit gefunden.
Nach der Zeitumstellung muss Frau Muster jetzt um 5.00 Uhr in der Frühe aufstehen. Das ist für einen Abendmenschen wie sie fast mitten in der Nacht. Ihre sorgsam hergestellte Balance von solarer, sozialer und körpereigener Zeit gerät in ein Ungleichgewicht und sie braucht jetzt Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Die Zeitumstellung wird für sie zu einer Kraftanstrengung.
Fassen wir kurz zusammen:
Stunde mehr, Stunde weniger – so einfach ist das nicht mit der Zeitumstellung. Frühaufsteher werden sich mit der Sommerzeit besser arrangieren können, Abendmenschen hingegen Probleme bekommen. In jedem Fall fordert die Veränderung im Zusammenspiel von solarer, sozialer und individueller Zeit uns allen einiges ab.
Fazit und Tipps:
Henrik Oster von der Universität Lübeck, der bis Ende 2012 eine Forschungsgruppe am Göttinger Max-Planck-Institut geleitet hat, formuliert die Anforderungen an den Schlaf, wenn er positiv für die innere Uhr sein soll, folgendermaßen:
„Man muss … ungestört sein, darf keinen Stress haben und muss schlafen können, wann man will. Also entsprechend dem persönlichen Chronotypen, der bestimmt, ob man früh oder spät zu Bett gehen und eher kurz oder eher lang schlafen mag.”
Wohl dem, der das für sich einrichten kann und sicher der beste Tipp für die Zeitumstellung. Weitere Anregungen im Folgenden. Wie gesagt, sie sind nicht verallgemeinerbar, denn dazu sind der Schlaf und die Begleitumstände bei uns allen viel zu verschieden:
- Sofern es möglich ist, bereits Anfang der Woche oder zur Wochenmitte früher ins Bett gehen. Zuerst eine Viertelstunde, dann eine halbe und zuletzt eine Dreiviertelstunde. So stellst Du Dich auf die fehlende Stunde ein.
- Spaziergänge helfen. Das Tageslicht sorgt für eine erhöhte Serotoninproduktion, die dem “Schlafhormon” Melatonin dann sehr dienlich ist. Also viel Zeit draußen verbringen.
- Mahlzeiten eine Woche vor der Umstellung auch schrittweise nach vorne schieben. Keine aufputschenden Getränke vor dem Schlafengehen. Den Kreislauf ohnehin nicht mit allzu schwer verdaulichen Speisen belasten, die man sonst vielleicht gut verträgt.
- Falls gewohnt, auf den Mittagsschlaf verzichten. Das erhöht den Schlafdruck.
- In der Zeit der Umstellung den Terminkalender nicht zu voll packen, sondern sich einen smoothen Übergang in die “neue Zeitzone” erlauben.
- Nicht zwanghaft schlafen wollen. Dann schläft man meistens erst recht nicht ein. Dann lieber noch einer entspannten Tätigkeit nachgehen.
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