Warum gähnen wir und warum ist Gähnen ansteckend?

Aktualisiert von Snooze Project am 24. August 2023
Veröffentlicht von Martin am 4. November 2021

Warum gähnen wir und warum ist gähnen ansteckend?

Wer kennt das nicht – da sitzt man morgens in der Bahn und wird vom Gegenüber mal so richtig angegähnt. Nicht die feine englische Art, aber viele von uns würden spontan am liebsten mitgähnen. Woher kommt das eigentlich? Zuerst das Gähnen und dann die ansteckende Art der irgendwie befremdlichen Aktivität. Wer werfen einen Blick in den Stand der Forschung, suchen nach Antworten und – falls wir gähnen müssen – halten wir natürlich die Hand vor den Mund.

Was bedeutet eigentlichen “Gähnen”?

Gähnen bedeutet „Mund- oder Rachenaufsperren“. Gähnen beginnt mit einem tiefen Atemzug. Der Mund wird weit geöffnet und wird dann bei gleichzeitiger Ausatmung geschlossen. Alle Menschen gähnen und das vermutlich bis zu 250.000 mal während der Lebenszeit. Zahlreiche Tierarten gähnen ebenfalls. Die Brust- und Nackenmuskulatur festigt sich während des Gähnens und das Zwerchfell hebt und senkt sich. Gähnen dient auch dem Spannungsabbau. Bei Fallschirmspringern ließ sich beobachten, dass sie häufig gähnen, bevor sie das Flugzeug verlassen. Gähnen ist eine kurze Weckreaktion, bei der die Herzfrequenz und die Durchblutung etwas ansteigen. Wissenschaftler, die sich mit dem Gähnen befassen, werden übrigens Chasmologen genannt.

Wann gähnen wir?

Ist das Gähnen tatsächlich “ein stummer Schrei nach Kaffee”? Wir gähnen, wenn wir müde sind – diese Vorstellung tragen viele mit sich. Allerdings ist damit das Phänomen nicht wirklich abgedeckt, denn Menschen gähnen auch, wenn sie sich langweilen, hungrig sind oder sich gestresst fühlen. Halten wir fest: Gähnen tritt in verschiedenen Situationen auf. Und da es ziemlich jeden Menschen betrifft, gehen wir davon aus, dass sich die Natur irgendetwas dabei gedacht haben muss. Zumal das Gähnen eine große soziale Anziehungskraft ausübt. Anders gesagt: Gähnen ist ansteckend.

Warum ist gähnen ansteckend?

Ob öffentliche Verkehrsmittel, ein Meeting oder das traute Zusammensein im Freundeskreis – wenn jemand gähnt, drängt es viele von uns, diesen Handlungsreiz nachzuahmen. Was passiert da eigentlich im Gehirn? Stand jetzt liegen zwei grundlegende Erklärungsmodelle vor. Erstens die sozialbiologisch eingefärbte These, dass gemeinsames Gähnen die Gruppengemeinschaft stärkt. Wer gemeinsam gähnt, hat ein besseres Miteinander. Mag man einen Menschen gerne, ahmt man sein Verhalten auch umso lieber nach. Allerdings lassen wir uns auch vom Gähnen fremder Menschen anstecken.

Daher wurde untersucht, ob es uns schwer fällt, sich vom Gähnen anderer Menschen nicht anstecken zu lassen. Probanden wurden dazu Videos gezeigt, auf denen Menschen gähnen. Einige ließen sich leicht anstecken, andere nicht so leicht. Die Erklärung der Neurowissenschaftler: Wahrscheinlich gibt es Bewegungsareale in unserem Gehirn, die unterschiedlich leicht und schnell eine Handlung auslösen können. Je leichter sich also die motorische Region im Gehirn stimulieren ließ, umso erfolgreicher war die Ansteckung durch das Gähnen des anderen Menschen. Forscher meinen daher auch, dass mitfühlende Menschen schneller mitgähnen als diejenigen, die sich nicht besonders gut in andere Menschen hineinversetzen können. Stichwort: Empathie.

Hypothesen zum Gähnen

Bringt das Gähnen mehr Sauerstoff?

Die These, dass wir uns beim Gähnen mit Sauerstoff versorgen, war lange Zeit populär. Doch 1987 konnte der US-Psychologe Robert Provine in einem Experiment nachweisen, dass das Gähnen keinen Einfluss auf die Sauerstoffversorgung und damit auf die Häufigkeit des Gähnens hat. Ein Teil der Probanden erhielt reinen Sauerstoff, andere bekamen normale Luft. Gegähnt haben beide Gruppen im selben Umfang.

Macht das Gähnen wach?

Noch im Rennen, aber umstritten ist die Hypothese, dass Gähnen wach macht. Einer Studie aus der Schweiz zufolge weist die Hirnaktivität vor und nach dem Gähnen keinen Unterschied auf. Dennoch gehen viele Forscher davon aus, dass Gähnen der Versuch ist, sich wach zu halten bzw. die Aufmerksamkeit zu steigern. Nahrung bekommt dieser Gedanke durch die Beobachtung, dass Menschen häufig in langweiligen Situationen oder bei stupiden Tätigkeiten gähnen.

Warum gähnen wir denn jetzt eigentlich?

“Steigerung der Aufmerksamkeit ist der kleinste gemeinsame Nenner, wenn man den biologischen Zweck des Gähnens erklären will”, so formuliert es der Schlafforscher Jürgen Zulley. Tatsächlich muss man feststellen, dass die Wissenschaft den physiologischen Sinn und Zweck des Gähnens nicht erschöpfend erklären kann. Gähnen scheint keine bekannte körperliche Funktion zu haben. Etwa wie das Blinzeln, Schlucken, Husten oder Niesen. Wir blinzeln, damit die Augen feucht bleiben. Wir schlucken, um die Nahrung zu transportieren und wir husten und niesen, damit Fremdstoffe aus der Lunge und Nase entfernt werden. Warum wir gähnen – da bleibt uns die Wissenschaft (noch) die abschließende Erklärung schuldig.

Fazit

Gähnen gilt in unseren Breitengraden als Zeichen von Müdigkeit und Langeweile. Das sanktioniert natürlich die gähnende Person. Deswegen wird erwartet, dass Gähnen kaschiert wird, etwa durch Abwenden oder indem die Hand vor den Mund gehalten wird. Wir gähnen allerdings auch in stressigen Momenten. Dann dient die Geste zum Spannungsabbau. Warum der Mensch letztlich gähnt, ist in der Wissenschaft noch nicht wirklich geklärt. Ein gewisser Konsens besteht in der Auffassung, dass das Gähnen dafür sorgt, dass wir unsere Aufmerksamkeit beibehalten. Insofern sollte das Gähnen auch nicht unterdrückt werden. Gähnen ist sehr menschlich, alle gähnen und wenn die Wissenschaft herausgefunden hat, warum wir gähnen, werden wir das an dieser Stelle natürlich mitteilen. Mit voller Aufmerksamkeit und dem gewohnt höflichen Benehmen.

FAQ 

 

Menschen gähnen, wenn sie sich langweilen, hungrig sind oder sich gestresst fühlen. Gähnen ist gesundheitlich völlig unbedenklich. Es gilt in der westlichen Kultur lediglich als unhöflich.

Warum Menschen gähnen, hat die Wissenschaft noch nicht abschließend erklärt. Wahrscheinlich versuchen wir durch das Gähnen, einen Spannungsabfall unserer Aufmerksamkeit zu unterbinden.

Gähnen ist in der Regel weder gefährlich noch gesundheitlich bedenklich. Gähnen tut uns vielmehr gut, weil wir damit unseren Körper und das Gehirn in Schwung bringen.

Viele Menschen neigen in Gruppensituationen zu einem Imitationsverhalten, um zu signalisieren, dass sie zu der Gruppe gehören. Je nach individuellen Voraussetzungen lassen sich daher einige Menschen leichter vom Gähnen anstecken als andere.

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